Das ist so gemein, Mama!
«Ich versuche wirklich, es all meinen Kindern gleich zu machen und gerecht zu sein.» Und trotzdem hat ein Kind immer wieder das Gefühl, es komme zu kurz und wegen Kleinigkeiten steht der Vorwurf im Raum «Das ist so unfair!»
Solche und ähnliche mehr oder weniger verzweifelte Aussagen höre ich immer wieder von Eltern, speziell von Mamas. Wir sind wahrscheinlich alle bestrebt, kein Kind zu bevorzugen und gerecht und fair zu sein.
Und wir kommen damit wohl alle an unsere Grenzen. Manchmal braucht eben nur 1 Kind neue Finken für die Schule oder neue Ski für den Winter. Bei den Finken könnte man es vielleicht noch eingehen, dass man es allen gleich macht, bei den Skiern wird es schwieriger und teuer. Sowieso ist es unfair, wenn das Älteste Kind immer neue Sachen bekommt und vielleicht auch noch aussuchen darf, welche Farbe zum Beispiel das Velo haben soll. Die jüngeren müssen dann «immer» nachtragen und bekommen «nie» etwas Neues. Gemein, oder?
Mit logischen Argumenten kommt man meistens beim Nachwuchs, der etwas gerade sehr gemein findet, nicht weit. Vielleicht musste das Älteste Kind sich das Velo zum Geburtstag wünschen und dafür auf Anderes verzichten, während das jüngere Kind das gebrauchte Velo dann einfach so bekam. Doch solche Versuche, die gefühlte Gerechtigkeit wiederherzustellen dringen oftmals nicht wirklich bis zum Kind, welches sich gerade benachteiligt fühlt, durch.
Könnte das vielleicht auch damit zusammenhängen, dass wir als Eltern, die wir gerecht sein wollen, selbst gar nicht ganz sicher sind, ob das wirklich fair ist mit dem Velo?
Wie wäre es, wenn wir Eltern uns von dem Gedanken verabschieden würden, dass Fairness oder Gerechtigkeit bedeutet, es allen gleich zu machen?
Mir half dabei ein einfaches Denkbeispiel: Stell dir vor du hast 3 Kindern und du bringst jedem der 3 vom Einkauf einen Schokoladen-Muffin mit. Das wäre fair, oder?
Was ist aber, wenn Kind 1 Schokoladen-Muffins liebt, Kind 2 gerade bei einer Geburtstagsparty ist (und dort sowieso jede Menge Süsses essen wird) und Kind 3 keine Schokolade mag?
Mit diesem Beispiel habe ich mich vor Jahren vom Gedanken gerecht sein zu müssen, im Sinne von «es allen gleich zu machen» verabschiedet.
Könnte es vielleicht sein, dass Gerechtigkeit innerhalb der Familie auch bedeuten könnte, dass jedes Kind mit dem versorgt wird, was es braucht oder mag? Und dass das dann ganz individuell aussehen könnte?
Bei diesem Gedanken spielt auch der Faktor “Alter” noch mit. Kinder in unterschiedlichem Alter haben nun einmal unterschiedliche Bedürfnisse. Hier könnten wir noch das Fenster zur Geschwister-Hierarchie aufmachen und darüber nachdenken, wie wir diese stärken können. Doch das machen wir ein andermal.
Wir haben auf jeden Fall gute Erfahrungen damit gemacht uns von der einseitigen Gerechtigkeit zu verabschieden. Mit dem Schokoladen-Muffin Beispiel habe ich das auch gleich den Kindern so erklärt. Nach einigen Diskussionen und nachdem jedes Kind auch erlebt hatte, dass es wirklich nicht zu kurz kommt, kehrte an dieser Front viel Ruhe ein. Das heisst, es brauchte etwas Einübungszeit und immer mal wieder ein Erinnern: “weisst du noch, die Sache mit den Schokoladen-Muffins?” Und selbstverständlich gab es den einen oder anderen Frust, den wir als Eltern dann aushalten und begleiten durften. Doch irgendwann war es plötzlich möglich, dass ich vom Einkauf einem Kind neue Farbstifte mitbringen konnte, weil es die gerade brauchte, ohne dass die anderen einen Aufstand machten. Herrlich!
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