"Hilfe, Mami ist gestürzt!"

Ich hatte gerade eine grosse Knie-OP und 6 Wochen an Krücken hinter mir und genoss es, wieder etwas im Haushalt tun zu können. Der Staubsauger stand auf der Treppe und ich wollte nur schnell nach meinem kleinen Sohn sehen, der im oberen Stock spielte. Beim Heruntergehen stolperte ich über den Staubsauger und fiel die Treppe herunter direkt auf das operierte Knie. Irgendwie schaffte ich es bis zum Sofa, inzwischen rannen mir die Tränen herunter. Ich weinte vor Schmerz, aber auch vermischt mit der Angst, dass das reparierte Kreuzband dieser Belastung nicht Stand gehalten hat und nun alles von vorne beginnt.

Die Reaktion unseres 2,5 jährigen Töchterchens war genial. Geistesgegenwärtig sauste sie in die Küche und brachte mir einen Kühlbeutel und das Telefon. Anschliessend ging sie nach oben und schaute zu ihrem kleinen Bruder.

Die Geschichte ging gut aus, mein Kreuzband hat der Belastung und Beugung Stand gehalten.

Es war eine der wenigen Situationen, in denen ich vor meinen Kindern wirklich Tränen vergoss. Aber die Situation war gut einzuordnen: «Mami ist gestürzt, hat sich ganz fest weh gemacht und weint deshalb. Der Papi kommt nachhause und alles wird gut.» So in etwa… 😉

Und dies ist auch ein guter Parameter, wenn es um die Frage geht, ob wir vor unseren Kindern weinen sollten.

Die Kinder sollten uns nicht «haltlos» erleben und sie sollten auf keinen Fall über längere Zeit in die Rolle des Trösters oder Versorgers schlüpfen müssen. Wenn wir weinen, ist es wichtig, dass wir dem Kind erklären können, warum und dass es für das Kind nachvollziehbar ist.

Zieht uns ein Ereignis wirklich den Boden unter den Füssen weg, ist es für das Kind (und für uns selber) gut, wenn wir uns Unterstützung holen. Wir brauchen einen Ort für unsere Tränen und Trauer, dieser sollte aber nicht bei unserem Kind sein. Und wenn wir dadurch eine Zeit lang nicht in der Lage sind, die Rolle des Versorgers einzunehmen, ist es umso wichtiger, dass da jemand in die Bresche springt.

Solche Momente haben wir schon mehrere erlebt, allerdings Gott sei Dank nicht aufgrund von grosser Trauer. Aber es gibt ja noch weitere Gründe, warum man als Elternteil gerade nicht die Alpharolle ausfüllen kann.

Da spielen weitere Operationen eine Rolle… Mehr dazu beim nächsten Mal!

 

Angela Indermaur